Es ist wiedermal so weit, vom 19. bis zum 26. Mai findet im Hochsauerland die Deutsche Jugend-Schacheinzelmeisterschaft statt. Wir sind in der achten Runde und ich bin vom vielen Zuschauen schon ganz nervös. Lieber löse ich Schachrätsel, lese Bücher und gehe spazieren, als vor dem Spielsaal zu stehen. Doch es hilft nichts, die Gedanken sind immer bei den Schützlingen, die über mehrere Stunden zeigen und zeigen wollen, was sie gelernt haben. Ich gehe nicht rein, damit die Kinder bloß nicht meine Nervosität spüren. Das wäre kontraproduktiv, auch wenn das längst nicht alle Trainer und Eltern hier begriffen haben.

Das leicht heruntergekommene Hotel bietet noch immer eine solide Heimstatt für so eine Großveranstaltung. Sieht man über einige Mängel hinweg (keine Lüftung im Bad, manche Zimmer waren beim Bezug schmutzig, das Wasser im Pool ist von fragwürdiger Sauberkeit, die Zimmeraufteilung hat nicht ganz geklappt etc.), muss man anerkennen, dass diese Meisterschaft mit ihren vielen Alters- und offenen Klassen hier genug Platz findet. Auch die Organisation ist nach so vielen Jahren sehr eingespielt. An dieser Stelle gebührt der Brandenburger Delegationsleiterin Martina Sauer großer Dank, sie hat sich im Vorfeld dieser Riesenveranstaltung engagiert um alle Belange der Brandenburger gekümmert, und zwar ehrenamtlich!

Alle Rüdersdorfer – Sandra, Melanie, Sophie, Paul, Ben, Niclas und Ian – strengen sich mächtig an. Man kann es förmlich fühlen. Und um es gleich vorweg zu nehmen, zweimal ordentliches Training pro Woche zahlt sich aus, die Ergebnisse sprechen bislang für sich. Wer will, kann selbst dann, wenn er aus der Schachwüste Brandenburg kommt, den Gegnern Respekt abverlangen. Dazu gehören aber neben dem Training auch Fleiß beim Üben zu Hause und regelmäßige Teilnahme an Wettkämpfen.

Man kommt überhaupt nicht umhin, Solidarität und Mitgefühl für die Brandenburger zu empfinden. Die gesamte Landesdelegation kann sage und schreibe einen Landestrainer, Herrn Kesik, aufweisen. Maximilian Mätzkow aus Eberswalde, selbst in der hart umkämpften Spielklasse u18 aktiv, hilft dankenswerterweise bei der Vorbereitung einiger Mädchen aus, sonst hätten die keinen Trainer. Insgesamt ist die Stimmung in der Delegation sehr freundlich und entspannt. Klar, dass das manchmal durch die jeweiligen Tagesergebnisse getrübt wird. Aber wir Brandenburger trösten einander und sprechen uns Mut zu. Und Grund zur Freude hatten wir ja auch schon, was gemeinsam viel schöner ist.

Wir Rüdersdorfer haben ja unseren Herrn Pachow, der unsere Schach-Kids gut einstimmt. Die Vorbereitungen helfen sehr und die ausgearbeiteten Eröffnungen treten in den meisten Fällen auch ein. Er kennt die Stärken und Schwächen unserer sechs noch spielenden Schützlinge und weiß auch, was sie können und was nicht. Das ist ein Riesenvorteil gegenüber einem Landestrainer, der seine Schützlinge häufig zum ersten Mal vor Ort sieht. Aber auch uns Rüdersdorfern fehlt es an Spielerfahrung. Die Hälfte der Fehlgriffe wäre durch mehr Spielpraxis im Wettkampf und an den Schachabenden zu verhindern gewesen. Wo seid Ihr, Ihr alten erfahrenden Rüdersdorfer Schachkämpen aus ruhmreichen Zeiten, die Rüdersdorfer Kinder von heute brauchen Euch!

Wie schon vor einem Jahr geschildert, steigt das Niveau der Teilnehmer bei dieser Meisterschaft immer weiter an. Die DWZ-Zahlen steigen ins Astronomische. Man trifft auf Elfjährige mit einer 1700 und mehr, nach der u14 wird die 1900er Schallmauer mehrheitlich durchbrochen. Allerdings ist der reine Zahlenwert noch keine Erfolgsgarantie. In vielen Altersklassen kann hier jeder jeden schlagen. Die Tagesform entscheidet, unbändiger Willen zum Kampf und zum Sieg, gepaart mit Ausdauer und Konzentration, gibt oftmals den Ausschlag. Gelegentlich ist es aber auch die Spielerfahrung.

Dass unsere Kids trotz mancher Fehlschläge und vieler Zweifel zu jeder neuen Runde unverzagt antreten, unser Land mit ihrem Können vertreten und den Stress offenbar besser ertragen als ich, macht mich stolz und gibt mir wieder Kraft. Wir haben anständige Kinder, die keinen Vergleich zu scheuen brauchen.

Bis bald

Lars Petersen

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